Seit seinem Amtsantritt als Präsident des Schweizerischen Städteverbandes SSV im 2013 wird der Solothurner Stadtpräsident Kurt Fluri nicht müde, eine Rückkehr zu alten und altertümlichen Polizeistunden zu fordern: «Die nächtliche Sauferei muss gestoppt werden!».
Auch im Zuge der aktuellen Nachtleben-Diskussion, angestossen von der Luzerner Regierung, die ihren Umgang mit dem Nachtleben auf dem Stand von 2012 einfrieren will (Erhalt und Förderung der Clubkultur, längere Öffnungszeiten aber nur noch mit einer auf ein Jahr begrenzten Bewährungsfrist), fordert Fluri härtere behördliche Auflagen für Clubs und Bars, wenn ihm ein Zuhörer diese Möglichkeit bietet.
Fluri hat sich in den letzten anderthalb Jahren als Vorkämpfer für mehr Ruhe im Nachtleben profiliert und ist zum unerschrockenen Ritter all jener Schweizer Stadtbewohner geworden, die ihren Geräuschpegel auf ländlichem Niveau mögen, die aber nicht bereit sind, aufs Land zu ziehen. Fluris Kampf ist geprägt von Widersprüchen und Ungereimtheiten: Er ist Mitglied der FDP und seine Forderung nach mehr Auflagen fürs Nachtleben widerspricht dem liberalen Grundgedanken seiner Partei.
Fluri ist Stadtpräsident von Solothurn und das dortige Nachtleben darf, nicht zuletzt dank seines Wirkens, als unbedeutend, ja geradezu lachhaft, bezeichnet werden. Schlussendlich widerspricht seine Einstellung zum Nachtleben auch noch den Bemühungen, dem neu erwachten Bestreben der meisten Schweizer Städte, ihr Nachtleben zu erhalten und gar zu fördern: In Zürich wurden Projektteams unter der Leitung von Polizeichef Richard Wolff gegründet, die Brücken zwischen Clubs, Bars und Anwohnerschaft bauen sollen und Stadtpräsidentin Corine Mauch bekennt sich in einer Rede klar zum Nachtleben und einer Gesellschaft, die nächtens nicht nur schläft.
In Basel signalisiert der Regierungspräsident Guy Morin nach der Schliessungsankündigung diverser Clubs Bereitschaft, die „vorhandenen Regelungen einer Prüfung zu unterziehen“ (Basler Zeitung vom 9. April). In Bern nimmt Stadtpräsident Alexander Tschäppät am von der Bar- und Clubkommission und dem Verein Pro Nachtleben Bern organisierten Tag der offenen Clubtür teil und die Thuner Regierung will die Lärmvorschriften in der Innenstadt lockern (Berner Zeitung vom 25. April).
Und was will Kurt Fluri? Schliessungszeiten für Clubs um 2 (allerspätestens 4) Uhr, obschon die heutigen Clubber nicht mehr vor Mitternacht aus dem Haus gehen – in Solothurn einen Club zu eröffnen, ist mittlerweile sinnlos. Klar: Die meisten Stadtregierungen tun sich immer noch sehr schwer mit ihrer Clubkultur, haben aber die Zeichen der Zeit doch erkannt und eingesehen, dass sie es mit einer gesellschaftlichen Entwicklung zu tun haben, die sich nicht mehr stoppen lässt und beginnen darauf einzugehen und nach Lösungen für die damit einhergehenden Probleme zu suchen, ohne das Nachtleben als Ganzes verhindern zu wollen.
Daher stellt sich nicht nur die Frage, ob Kurt Fluris unliberale Haltung dem Wirtschaftszweig Nachtgastronomie gegenüber noch jener der FDP entspricht, sondern auch jene, ob er sich als Präsident des SSV mit seiner rigoros restriktiven Haltung auf einer Linie mit den Schweizer Stadtregierungen befindet.
Alex Flach ist Kolumnist beim Tages Anzeiger und Club-Promoter. Er arbeitet unter anderem für die Clubs Supermarket, Hive, Hinterhof, Nordstern Basel, Rondel Bern, Blok und Zukunft.